2 Ziele und Zielgruppen
Analoge und digitale Spiele werden in der Lehre zu den internationalen Beziehungen sowie in der politischen Bildung verwendet, um Wissen zu vermitteln und Kompetenzen, etwa im Bereich des Verhandelns oder der Kommunikation, zu entwickeln (Ancuta und Preisinger 2021, 4) 1. Dementsprechend haben sich in der jüngeren Vergangenheit auch zunehmend mehr wissenschaftliche Publikationen mit der Verwendung von Spielen als didaktischen Instrumenten auseinandergesetzt (siehe etwa Asal 2005; Brown 2018; Rittinger 2020; Orsini 2018; Wintersteiger 2022) 2.
Im Bereich der zivilen und militärischen Nutzung der Atomenergie existiert ebenfalls eine Reihe von analogen und digitalen Spielen. Diese reichen von der Simulation “SIGNAL”, die mit einem wissenschaftlichem Erkenntnisinteresse hinterlegt ist (Letchford 2022; Reddie und Goldblum 2022), über Kriegs- und Eskalationsspiele wie “Fulda Gap” (Seipp 2022), “First Strike” und “ICBM”, bis zum Spiel “The Manhattan Project”, das auf die Entwicklung von Atomwaffen eingeht3. Bislang exisitiert jedoch noch kein Spiel, das sowohl die zivile und militärische Nutzung der Atomenergie erschließt als auch die Bemühungen, diese Nutzung durch das Schaffen von internationalen Institutionen und Organisationen zu kontrollieren.
Die Arbeit an der schrittweisen Erstellung des Spiels (game designing) orientiert sich an dem Prinzip des “learning by creating” (Shin 2021) und verfolgt dabei drei Ziele:
- Erstens soll diese Arbeit die im Vorlesungsteil der Lehrveranstaltung “Nuklearwaffen und internationale Ordnung” (BA Politikwissenschaft, VU Internationale Beziehungen - Vertiefung) erlernten Inhalte festigen sowie zu einer weiterführenden und kreativen Auseinandersetzung mit den Inhalten der Lehrveranstaltung anregen.
- Zweitens soll durch den Einblick in die Planung und Umsetzung des Spiels das Berufsfeld der politischen Erwachsenenbildung erschlossen werden, in dem sich analoge und digitale Spiele großer Beliebtheit erfreuen (siehe etwa Ancuta und Preisinger 2021).
- Drittens soll durch die Arbeit an den digitalen Elementen des Spiels die Kompetenz im Umgang mit digitalen Audio- und Videotechnologien ausgeprägt werden.
Die angestrebte Verwendung des Spiels als Instrument der universitären Lehre und der politischen Bildung (game playing) verfolgt drei Ziele:
- Das erste Ziel ist, dass durch das Spiel die technischen Grundlagen der zivilen und militärischen Nutzung von Atomenergie vermittelt werden sollen. Das Hauptaugenmerk soll dabei auf jenen Bereichen liegen, an denen sich die zivile und militärische Nutzung überschneiden, also auf der dual-use Problematik. Spieler:innen sollen dadurch in die Lage versetzt werden, aktuelle Entwicklungen wie die Kontroverse um das Urananreicherungsprogramm der Islamischen Republik Iran einordnen und hinterfragen zu können.
- Das zweite Ziel ist, das Zusammenwirken von politischen, technischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Faktoren in Atomwaffenprogrammen, also der sogenannten demand-side und supply-side nuklearer Proliferation (siehe etwa Sagan 2011), zu veranschaulichen. Spieler:innen sollen dadurch verstehen, welche Faktoren den Erfolg oder Misserfolg solcher Programme beiinflussen - warum also etwa Pakistan und Nordkorea in den Besitz von Atomwaffen gelangen konnten, während Irak und Libyen an diesem Vorhaben scheiterten.
- Das dritte Ziel ist schließlich, die Entwicklung und das Wesen von internationalen Institutionen darzustellen, die von Staaten zur Kontrolle der Atomenergie geschaffen wurden (z.B. der NPT, der CTBT oder der TPNW). Spieler:innen sollen dadurch die internationale Ordnung zur Kontrolle der Atomenergie kennenlernen, die einen zentralen (und zunehmenden instabilen) Ordnungsbereich der gegenwärtigen internationalen Beziehungen darstellt.
Das Spiel soll ohne jegliche Vorkenntnisse im Bereich der internationalen Beziehungen, der Proliferation oder der internationalen Kontrolle der Atomenergie spielbar sein und richtet sich vor allem an drei Zielgruppen:
- Studierende an Universitäten oder Fachhochschulen
- Schüler*innen der Sekundarstufe II (12. und 13. Schulstufe)
- Erwachsene mit Interesse an internationaler Politik/Sicherheitspolitik.
Siehe auch die Angebote der Bundeszentrale für Politische Bildung unter https://www.bpb.de/shop/materialien/spiele/ und https://www.bpb.de/shop/materialien/spiele/ sowie der Stiftung Digitale Spiele Kultur https://www.stiftung-digitale-spielekultur.de.↩︎
Siehe hierzu etwa auch das Symposium zu “Simulations, games and peace” in der Zeitschrift Simulation & Gaming (Brynen und Milante 2012).↩︎
Siehe auch die “International Relations in Action (IRiA) Simulation” von Brock Tessman (2007), in der die Proliferation von Atomwaffen eines unter mehreren Szenarien ausmacht.↩︎